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«Die ‹Intelligenz› der Ladeinfrastruktur ist entscheidend»

Interview
«Die ‹Intelligenz› der Ladeinfrastruktur ist entscheidend»

Interview mit Flavio Kälin, Dr. oec. HSG, Fachspezialist Elektromobilität beim Bundesamt für Energie (BFE), Co-Programmleitung LadenPunkt und Referent am Tageskurs «Ladeinfrastruktur in Mehrparteiengebäuden» vom 11. Juni 2024

Gibt es mittlerweile bei der E-Mobilität den «klassischen» Ladevorgang, der sich auf Jahrzehnte nicht mehr verändern wird? Welche Standards schaffen für diesen Vorgang Verbindlichkeit?

Auch wenn das Elektroauto ungefähr so lange wie das Verbrennerfahrzeug besteht, basieren heutige Elektrofahrzeuge auf einer relativ jungen Technologie. Ich denke, dass wir noch am Anfang der Entwicklung. In den letzten Jahren haben sich allerdings etliche Standards bei der Ladeinfrastruktur etabliert, welche den Ladevorgang für die Elektroautofahrer*innen bequemer gestalten. So haben sich in Europa für AC- und DC-Laden zwei Steckertypen durchgesetzt. Darüber hinaus gibt es einheitliche Ladeprotokolle, welche die Nutzung der Ladeinfrastruktur unabhängig von der Hard- und Software ermöglichen. Beim öffentlichen Laden gibt es aber aufgrund der vielen beteiligten Parteien sehr unterschiedliche Bedien- und Abwicklungskonzepte, welche die Handhabung für die Elektroautofahrer*innen erschweren. Die Branche ist sich dessen bewusst und deshalb daran, sich eigene Standards aufzuerlegen, um ein einheitlicheres Ladeerlebnis zu bieten.

Gemeinsam genutzte Ladestationen erinnern ein wenig an die Waschküche in Mehrfamilienhäusern; alle Beteiligten wollen einen gerechten Anteil an ihr haben. Wie schafft man es, dass es nicht zum Streit kommt?

Es sind innovative Lösungen des Markts gefragt, welche das Problem z. B. mit Reservationssystemen zu lösen vermögen. In Mehrparteiengebäuden wird aber vor allem entscheidend sein, dass die Ladeinfrastruktur «intelligent» ist, das heisst, dass man untereinander und mit anderen Geräten kommunizieren kann. Wenn wir alle abends nach der Arbeit nach Hause kommen und sofort laden wollen, würde dies einen enormen Kapazitätsausbau bedeuten. Doch in der Regel muss das Fahrzeug erst am nächsten Morgen voll geladen sein. Diese zeitliche Flexibilität kann genutzt werden, indem gestaffelt geladen wird. Die Endnutzer*innen wollen sich aber kaum damit beschäftigen, weshalb dies möglichst automatisiert geschehen muss.

Das von Ihnen geleitete Programm LadenPunkt ist im letzten Jahr gestartet. Die Website laden-punkt.ch bietet diverse Leitfaden und Ratgeber an. Welches Echo hat das ausgelöst?

LadenPunkt ist die Anlaufstelle, wenn es um das Laden von E-Fahrzeugen in der Schweiz geht. Praxisnah und unkompliziert erhalten Immobilienwirtschaft, Planerinnen und Planern, Energieversorgungsunternehmen, Anbieter*innen von Ladestationen, Kantonen, Gemeinden und Unternehmen eine Hilfestellung, um die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität voranzutreiben. Auf der Wissensplattform www.laden-punkt.ch lassen sich Werkzeuge, Grundlagen- und Profiwissen, Fachtreffen, Events, Fördermöglichkeiten und Best-Practice-Beispiele finden. Dieses Angebot wurde vom Markt sehr gut aufgenommen, und wir haben positives Feedback erhalten.

(Bild: Flavio Kälin)